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Südstadtmädels fügen dem Meister erste Saisonniederlage zu – Großartiges Comeback im Jean-Löring-Sportpark

Von Achim Stuhr

Ein idyllisches Bild. Die Trainer beider Mannschaften verfolgten erst einmal gemeinsam die Schlussminuten des dramatischen Bundesligafinales am Autoradio. Die Sympathien lagen in erster Linie bei der Borussia doch mit Abpfiff outeten sich die ersten Fans und Unterstützer des „Stern des Südens“… Auch von hier natürlich Glückwunsch zum gefühlt 1234. Meistertitel in der Bundesliga der Männer. Wäre auch blöd, wenn die Frauen tags darauf Meisterinnen werden würden und die Jungs verkackt hätten… Man würde vor einer ähnlich interessanten Entscheidung stehen, wie sie Ajax Amsterdam gerade verkündete. Die Meisterschaft der Frauen einfach nicht zu feiern, weil die Männer zu blöde waren, diese ebenfalls zu holen. Eine schöne Sache, die auch der deutsche Vorzeigeklub VfL Wolfsburg schon einmal durcherxerzierte. Und wir regen uns hier über unsere Trainingsbedingungen auf…

Doch zurück zum Spitzenspiel der Mittelrheinliga der U17-Juniorinnen. Zugegeben, die bereits feststehenden Meisterinnen und Aufsteigerinnen in die Regionalliga West, Alemannia Aachen, waren mit einigen Personalproblemen in die Kölner Südstadt angereist. Aber auch bei den Gastgeberinnen waren die Sorgen groß. „Bis eine Stunde vor Anpfiff wussten wir noch nicht, wer im Tor stehen würde. Kapitänin Lina, sonst auf der 6 zu Hause, war bereits umgezogen, doch Torfrau Aliya zeigte sich glücklicherweise doch noch in der Lage, trotz starker Rückenschmerzen zumindest zu Beginn des Spiels aufzulaufen.

Trotzdem fehlten der Fortuna neben den Langzeitverletzten Tamara und Caro mit Rhea und Liora zwei weitere absolute Leistungsträgerinnen, die insbesondere dem Spiel nach vorne den nötigen Druck und vor allem Geschwindigkeit geben sollten. Aber so ist es nun mal, gerade an einem langen Wochenende. Der Versuch, Spielerinnen aus der U-15 einzusetzen scheiterte ebenso an diversen Ausflügen und Geburtstagseinladungen. Allerdings unterstützte Ecrin mit gewohnt starker Leistung das Team von Trainer Thomas Schultheis.

Das Spiel begann und die Alemannia legte gleich, unterstützt von ihren gewohnt lautstarken und begeisterungsfähigen Fans, los wie die Feuerwehr. Ein schnelles Tor war scheinbar die Devise. Und die Fortuna zeigte sich durchaus beeindruckt, ließ sich tief in die eigene Hälfte drücken. Und dass Aachen eine sehr starke Offensivabteilung besitzt, war natürlich bekannt. Doch die Fortuna-Abwehr stand gut. Die drei Innenverteidigerinnen konnten die Gäste gemeinsam mit den flexiblen Außenverteidigerinnen und der Doppelsechs doch weitestgehend am Torabschluss hindern. Nach vorne ging allerdings wenig bis gar nichts. Bereits in Minute Drei die nächste Hiobsbotschaft der Südstädterinnen. Mittelstürmerin und Toptorjägerin Greta knickte ohne Fremdeinwirkung um und musste raus. Schlimm genug, dann konnte auch die schnelle, technisch starke und torgefährliche Najada mit Problemen erst einmal nicht weiterspielen. Man konnte die zunehmende Verzweiflung bei den Gastgeberinnen förmlich spüren. Und dann fiel dann auch noch das 0-1. Allerdings nicht durch einen der guten Angriffsversuche der Gäste sondern, wie so oft, durch einen absolut unnötigen individuellen Fehler im Spielaufbau. Aachen versuchte sich schon länger mit starkem Angriffspressing, die Fortuna schwamm einige Male bedenklich und nun passierte es. Nele Merlau (27.) mit der verdienten Führung für Alemannia.

Doch mit diesem Rückstand begannen die Südstadtmädels, sich langsam etwas frei zu schwimmen und den ein oder anderen eigenen, vielversprechenden Angriff zu starten. Doch auch die Defensive der Gäste stand gut und die Torhüterin konnte zwei gute Möglichkeiten entschärfen. Aber nun begann sich, ein offenes Spiel zu entwickeln.

Dann war Halbzeit. Die Marschrichtung für Hälfte Zwei war klar. Der Favorit war verwundbar, man musste sich nur trauen. Die vielen Stockfehler und Fehlpässe im eigenen Aufbau mussten reduziert, der Abstand zu den Gegnerinnen verringert werden.

Und die Fortuna startete voller Selbstvertrauen in den zweiten Spielabschnitt. Aachen kam nun kaum noch zu eigenen Angriffen. Najada, in Hälfte Zwei wieder zuück auf dem Platz, hatte den – mittlerweile verdienten - Ausgleich auf dem Fuß, scheiterte aber knapp. Die Spannung im Jean-Löring-Sportpark war mit Händen greifbar. Die Fortuna erspielte sich einige weitere Torchancen und verlegte das Spielgeschehen weitestgehend in die Hälfte der Gäste.

Minute 69. Handelfmeter für Fortuna. Sophie feuert mit voller Kraft unter die Querlatte, der Ball schlägt hinter Linie auf. Ausgleich. Hochverdient.

Keine fünf Minuten später, Entlastungsangriff Alemannia, Konter Fortuna. Abgefangen, doch im weiteren Verlauf verlor eine Abwehrspielerin den Ball an Najada, die stürmte auf das Gästetor zu, sah, dass die Aachener Torhüterin etwas zu weit vor ihrem Gehäuse stand und zirkelte den Ball sehenswert zwischen Latte und Torwarthandschuhen ins Netz. Da passte nicht mehr viel dazwischen. Aachen geschockt, schaffte es nicht mehr, das Spiel noch einmal herumzureißen. 2:1 ein aufgrund der zweiten Halbzeit verdienter Erfolg der Südstadtmädels bei ihrem letzten Heimauftritt vor ungefähr 50 ZuschauerInnen.

Nach dem Schlusspfiff gratulierten die Fortuna-Girls den Gästen für den verdienten Meistertitel und Aufstieg mit einem warmen Applaus und waren natürlich sichtbar glücklich, der Alemannia die einzigen Punktverluste in dieser Saison zugefügt zu haben. Bereits im Hinspiel konnte dem Favoriten ein 1:1 abgetrotzt werden.

„Ich bin unsagbar stolz auf das, was das Team in diesem Spiel aber auch in der gesamten Saison abgeliefert hat. Nun müssen wir sehen, wie es in der kommenden Spielzeit weitergeht. Das hängt vor allem vom Verein ab, der sich langsam einmal zur Trainingsplatzsituation für 23/24 äußern muss. Unter den gegebenen Umständen wird es mehr als schwierig, eine schlagkräftige Mannschaft zu halten. Die ersten Abgänge von starken Spielerinnen sind schon angekündigt, in der U15 sieht es ähnlich aus." Der gesamten Frauenabteilung steht aktuell nur eine einzige Trainingseinheit/Woche auf dem Kunstrasenplatz zur Verfügung. Die Fortuninnen kämpfen sehr darum, hier mehr Berücksichtigung im Vergleich zu den männlichen Juniorenteams zu erhalten.

Für Fortuna spielten: Aliya (Tor), Ecrin, Julika, Julia, Greta, Sophie, Maya, Lea, Lina, Lena, Yaren, Manuela, Amelia, Mira und Najada.

In der kommenden Woche kommt es dann zum letzten Ligaauftritt der Südstadtmädels. Beim wiedererstarkten Titelverteidiger 1. FFC Bergisch Gladbach treten die Fortuna-Girls am Samstag, 3.6.23 um 11 Uhr an der Belkaw-Arena an. Durch den Sieg über Aachen hat die Fortuna ihr Saisonziel bereits erreicht, da sie nicht mehr vom dritten Tabellenplatz verdrängt werden kann.

Tags darauf verabschieden sich die Mädels dann beim hochklassig besetzten Turnier in Nideggen von der Saison 22/23. Erstligist Borussia Mönchengladbach, die Regionalligisten SV Menden und SV Wienau und der starke Niederrheinligist FV Mönchengladbach heißen die Gruppengegner. Ein mehr als anspruchsvolles Starterfeld, das durch SGS Essen, Fortuna Düsseldorf, Schott Mainz und den VFL Kommern in der Parallelgruppe komplettiert wird.

Thomas Schultheis

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