S.C. Fortuna Köln e.V.

Der neue Trainer der U23, Micha Skorzenski, im Interview: „Wir wollen Powerfußball spielen“

Von Stefan Kleefisch
Der neue Trainer der U23, Micha Skorzenski, bei der Arbeit und Ansprache am Spielfeldrand und in der Kabine.

Am kommenden Sonntag startet die U23 der Fortuna in der Mittelrheinliga mit einem Heimspiel gegen den SV Eilendorf (15.30 Uhr) in die neue Saison. Auf Seiten der Kölner wird es viele neue Gesichter geben, allen voran das des Trainers. Micha Skorzenski ist seit wenigen Monaten für die Nachwuchsmannschaft des Leistungszentrums der Südstädter verantwortlich. Im Interview spricht der 39-Jährige über seine bisherigen Erlebnisse, seinen Eindruck vom neuen Team und vom Verein, zudem gibt er einen Ausblick auf die bevorstehende Spielzeit in der Oberliga.

Micha, du bist mittlerweile ein paar Monate bei der Fortuna tätig. Wie ist dein erster Eindruck?

„Ich hatte ja eine gewisse Vorlaufzeit. Ich stand mit dem LZ-Leiter Timo Westendorf, mit dem Vorstandsmitglied Rafael Iborra und dem Teammanager Stefan Kleefisch schon frühzeitig in Kontakt. Wir haben uns intensiv ausgetauscht. Ich komme mit allen sehr gut klar, auch mit den Jugendtrainern oder den Mitarbeitern auf der Geschäftsstelle. Das ist wichtig, dass man sich schnell einlebt und sehr gerne zum Training kommt.“

Du bist logischerweise nicht der einzige Neuzugang bei der Fortuna. Seit dem 1. Juli arbeitet Pascal Lammerich wieder als Scout und Analyst für die Fortuna. Ihr kennt euch noch aus gemeinsamen Zeiten bei Frechen 20. Ist seine Expertise auch für die U23 wertvoll?

„Ja, auf jeden Fall. Er ist ein echter Experte, er arbeitet unglaublich analytisch. Sein Input hilft mir sehr. Er schaut sich generell sehr viele Spiele an, und beobachtet ab und an natürlich auch Mannschaften aus der Mittelrheinliga. Das ist definitiv ein Gewinn für uns.“

Was die wenigsten über dich wissen, du warst im Jahr 2006, ein kleiner Teil des „Sommermärchens“. Was hast du damals genau gemacht?

„Damals ist das Team Köln entstanden. Wir waren sozusagen die Vorreiter der Analyse, wie sie jetzt bei der Nationalmannschaft praktiziert wird. Mein Job war es, die Gegner Argentinien und Ecuador im Vorfeld bis ins Detail anhand von Video-Sequenzen zu analysieren. Ich habe beispielweise die Laufwege des argentinischen Stürmerstars Hernan Crespo komplett zusammengeschnitten. Wir waren in engem Austausch mit Jogi Löw, Jürgen Klinsmann und dem Chefscout Urs Siegenthaler. Dementsprechend habe ich mich mit dem Ganzen auch sehr identifiziert und mitgefiebert. Ich war in Berlin dann auch beim Spiel Deutschland gegen Ecuador zu Gast.“  

Wie ist deine Spielphilosophie in kurzen Worten?

„Ein zielstrebiger Fußball, mit sehr viel Energie und Körperlichkeit.“

Du bist auf einem Gymnasium Sportlehrer. Was ist wichtig für einen Trainer, wenn er mit so einer jungen Mannschaft zusammenarbeitet?

„Du musst die Jungs in ihrer Lebenswelt abholen. Sie haben in dem einen oder anderen Moment noch eine gewisse Leichtigkeit und Naivität. Du musst Verständnis haben für ihre Situation, auf sie eingehen, gleichzeitig aber musst du auch deine Ideen klar vermitteln. Der positive Umgang ist wichtig. Klar musst du Fehler aufzeigen, aber ihnen auch direkt Lösungsmöglichkeiten mit an die Hand geben.“

16 Neuzugänge, 17 Abgänge! Ich denke, in diesem Fall ist es mehr als gerechtfertigt, das Wort Umbruch in den Mund zu nehmen…

„Echt? Ich merke das gar nicht. Ich hatte nie das Gefühl, da sind jetzt Jungs, die sich fremd sind. Die Mannschaft ist total schnell zusammengewachsen. Sie bilden bereits eine sehr gute Einheit. Es stellt sich natürlich die Frage, was passiert, wenn wir mal schwierige Zeiten erleben? Grundsätzlich ist ein Neuanfang eine Chance. Wir können einen neuen Anlauf nehmen. Ich sehe das positiv.“

Inwieweit entspricht der Kader deinen Vorstellungen?

„Für mich sind drei Ebenen wichtig: Die erste ist der menschliche Zusammenhalt. Wenn ich sehe, wie konstruktiv die Jungs sich zum Beispiel bei der Teambesprechung mit einbringen, wie sie miteinander umgehen, dann kann ich nur sagen, diese Idee wurde schon mal komplett umgesetzt: Eine gute homogene, menschlich saubere Mannschaft zu haben. Das zweite ist, wir wollen Powerfußball spielen, mit viel Dynamik. Das kannst du mit den Jungs definitiv auch. Die geben Gas in jedem Training. Dafür brauchst du natürlich die entsprechende Physis. Das sind junge Kerle, die schnell regenerieren. Und das Dritte wäre, dass sie sich mit meiner taktischen Herangehensweise identifizieren können. Alle drei Bausteine haben wir optimal zusammengesetzt.“

Wie lautet dein Fazit der Vorbereitung?

„Vom ersten bis zum jetzigen Tag war an der Leistung im Training nichts zu beanstanden. Das war permanent auf einem hohen Level. Die Mannschaft hat sehr gut zugehört, viel Lernwille gezeigt und auch abgeliefert auf dem Platz. Die Trainingsbeteiligung war sehr hoch, ich habe keine dumme Ausreden gehört, wie meine Oma hat Geburtstag, das ist auch nicht selbstverständlich. Selbst bei den Treppenläufen hat sich die Mannschaft komplett verausgabt. Bei den Testspielen sehe ich das differenziert. Auf der einen Seite haben wir gute Leistungen erbracht, auf der anderen Seite haben wir aber auch ganz klar gesehen, wo unsere Grenzen sind. Die U21 von KAS Eupen war uns individuell, technisch und taktisch überlegen. Da ist noch viel Luft nach oben. Die Spiele waren generell sehr erkenntnisreich. Zum Glück hat sich außer Patrick Hill, der einen Muskelfaserriss hat, auch keiner verletzt. Die Belastung hat gepasst.“    

Du warst sehr lange bei Frechen 20 als Trainer aktiv, wo siehst du Unterschiede zu der Arbeit mit der U23?

„Ich habe gemerkt, dass es mir in den Tests gar nicht so sehr um das Ergebnis ging, sondern ich will die Jungs weiter bringen. Ich habe zum Beispiel Spieler auf ungewohnten Positionen getestet, um zu schauen, kann derjenige das unter Druck auch spielen. Wir haben teilweise auch unseren Stiefel durchgespielt, und wir haben dann nicht gesagt, wir gucken jetzt, dass wir zu Null spielen.“

18 Mannschaften in der Mittelrheinliga, vier bis sechs Absteiger, das wird eine knallharte Saison…

„Der Klassenerhalt hat oberste Priorität. Natürlich ist das ein schmaler Grat. Wir wollen auf der einen Seite die Liga halten, auf der anderen Seite wollen wir Spieler nach oben entwickeln. Wir dürfen niemals dahin kommen, dass deswegen unsere Idee des Fußballs verloren geht. Wir wollen unsere Identität, angepasst an die Gegner, beibehalten und durchziehen. Jedes Spiel wird ein maximaler Abnutzungskampf werden. Wir bekommen Nullkommanull geschenkt. Gegen viele Mannschaften sind wir auf dem Papier einfach chancenlos. Aber die nicht vorhandene Chance wollen wir trotzdem nutzen. Und dann gibt es noch einige Mannschaften, die sind mit uns auf Augenhöhe, gegen die können wir an guten Tagen gewinnen. Und diese Spiele wollen wir mit aller Macht gewinnen.“   

Was sagst du zum ersten Gegner SV Eilendorf?

„Ich habe sie zweimal gesehen. Das ist eine sehr homogene, junge, kompakte Truppe. Gegen den 1. FC Mönchengladbach lagen sie im Test nach 30 Minuten 0:1 zurück, in dem Moment sah es für sie nach einer vermeintlich sehr schwer zu lösenden Aufgabe aus, sie haben sich aber als Mannschaft in die Partie wieder reingekämpft, auf einmal stand es 2:1 für Eilendorf. Da müssen wir schon ans Limit gehen. Es wäre anmaßend, wenn wir in der Liga auch nur irgendeinen Gegner unterschätzen.“

Abschließend die Fortuna aus deiner Sicht in drei Worten…

Ambitioniert, Familiär, Kölsch. 

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