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Spieler der U23 im Porträt: Enes Kiracti, der eisenharte Barbier der Kölner Südstadt

Von Stefan Kleefisch
Enes Kiracti ist ein Eigengewächs der Fortuna. Der Abwehrspieler der U23 ist seit 2015 im Verein.

Der Ball ruht im Amateursport wegen der Corona-Pandemie seit Monaten. Nach einer abgebrochenen Saison 2019/20 mit nur 15 Partien konnte die U23 der Fortuna auch in dieser Spielzeit erst vier Meisterschaftsspiele in der Mittelrheinliga absolvieren. Spielern und Offiziellen fehlt der Kontakt untereinander und der Wettstreit auf dem Platz mit den gegnerischen Teams enorm. Zur Überbrückung, bis es hoffentlich endlich wieder los geht mit Training und Spielbetrieb, wollen wir Euch in loser Reihenfolge einmal die Spieler der U23 vorstellen. Vor allem wollen wir Euch den Menschen unter dem Trikot ein wenig näher bringen. In Teil vier der Serie geht es um Enes Kiracti. Der 19-Jährige ist eines der vielen Eigengewächse der Fortuna, die letztlich auch den Weg bis in die U23 beschritten haben.

Seit dem Jahr 2015 schnürt Kiracti die Schuhe für den Südstadtklub. Aufgewachsen ist er in Köln-Meschenich. Beim dortigen SC kickte er zehn Jahre lang, bevor er in die C3 zur Fortuna wechselte. Seine Trainer damals Onnik Konakyan und Abdul Bounesmer. „Ich war ursprünglich Zehner, das glaubt mir heute keiner mehr“, sagt er lachend. In der B2 wurde er dann zum Innenverteidiger umgeschult. In der B1 hießen seine Trainer Peter Walocha und anschließend Timo Westendorf. Im zweiten Jahr in der U19 erlebte er dann seinen bisher größten Erfolg, mit seinen jetzigen Teamkollegen Tom Geßner und Mert Alkoyak stieg er unter Trainer Murat Alkan souverän in die A-Junioren-Bundesliga auf. „Ich bin der Fortuna sehr dankbar, dass sie mich damals angenommen haben. Sechs Jahre bin ich jetzt schon hier, Wahnsinn wie die Zeit verflogen ist.“

Im Sommer vergangenen Jahres erhielt er einen Platz im Kader der U23. Und er machte seine ersten Erfahrungen im Seniorenbereich. „Das war schon eine große Umstellung für mich. Das ist ein höheres Niveau. Das Tempo und das Zweikampfverhalten sind nochmal eine Spur anspruchsvoller. In der U19 habe ich noch gefühlt jeden Zweikampf gewonnen. Beim Training der U23 habe ich dann aber schnell gemerkt, da stehen ganz andere Kaliber auf dem Platz“, sagt Kiracti, der bis zum dritten Spieltag auf sein Debüt in der Mittelrheinliga warten musste. Und das gab er dann ausgerechnet gegen die vermeintliche Übermannschaft der Oberliga, den 1. FC Düren. „Ich fand, dass ich das sehr gut gemacht habe. Leider haben wir in den letzten zehn Minuten noch zwei Gegentore bekommen. Bei meinem zweiten Einsatz in Glesch-Paffendorf war ich dann schon bei weitem nicht mehr so nervös.“

Beinahe hätte er auch einmal mit seinem Cousin Tolga gemeinsam auf dem Platz gestanden. Doch dieser verließ die U23 der Fortuna nach einem halben Jahr wieder in Richtung FC Pesch. Nun freut sich Enes irgendwann auf das familieninterne Duell. „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Wir reden viel über Fußball. Ich habe ihm auch schon angekündigt, dass ich gegen ihn gewinnen werde“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Während Kiracti auf dem Platz die Gegner rasiert, schneidet er beruflich Menschen die Haare. „Mein Cousin aus der Türkei ist Friseur, er hat uns besucht und er hat mir die Grundlagen erklärt. Ich durfte das dann am ihm ausprobieren. Das hat mir damals gefallen. Ein Freund meines Vaters hat einen eigenen Laden in Brühl. Dort mache ich seit drei Jahren meine Ausbildung. Er hat auch viel Verständnis für mich, falls ich mal wegen Fußball früher gehen muss. Im Mai habe ich meine Abschlussprüfung“, sagt Kiracti, der ursprünglich in Kürze einen eigenen Laden eröffnen wollte, aber die Pandemie hat ihm zunächst einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Ich warte jetzt erst mal ab. Ich will mich aber auf jeden Fall selbstständig machen. Am liebsten in Zollstock, weil ich da viele Leute kenne und die Fortuna in der Nähe ist.“ Ohnehin ist Kiracti schon so etwas wie der Privat-Barbier des Vereins geworden: „Das kann man so sagen, ich schneide den Jungs vor und nach dem Training die Haare. Manchmal sogar in der Kabine. Wir haben dabei immer viel Spaß“, erzählt er.

Auf dem Fußballfeld kommt der Abwehrspieler hingegen humorlos daher. Da macht er keine Gefangenen. „Ich liebe es, Zweikämpfe zu führen und zu gewinnen“, sagt er kurz und knapp über sich selber. LZ-Leiter Timo Westendorf geht da schon mehr ins Detail, ist voll des Lobes über seinen ehemaligen Schützling: „Enes hat einen sehr feinen Charakter. Er ist ein lustiger und umgänglicher Kerl. Zum fußballerischen kann ich auch nur Positives sagen: Er hat einen starken Defensiv-Kopfball und er spielt einen sehr guten Diagonal-Ball. Er fackelt nicht lange und geht ohne Rücksicht auf Verluste in die Zweikämpfe. Da ist er eine Waffe. Mit ihm konnten wir damals relativ hoch verteidigen. Bei mir war er in der U17 in der Innenverteidigung gesetzt. Aus Spaß habe ich immer gesagt, der köpft auch einen Kasten Kölsch aus dem Strafraum.“

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