Mink: „Für mich ist das eine sehr große Herausforderung“
Von Stefan KleefischWarum bist du zur Fortuna zurückgekehrt?
„Fortuna ist mein Heimatverein. Ich bin hier als Zweitliga-Profi groß geworden. Ich war hier als Trainer tätig. Und jetzt eben auch wieder als Trainer und Trainer-Entwickler, aber auch als Talente-Entwickler. Letztendlich ist es immer eine Sache der Übereinkunft, die man mit dem Verein trifft und der Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Für mich ist das eine persönliche Herausforderung. Die Aufgabe ist sehr komplex. Das macht dieses Thema unglaublich spannend. Ich finde hier ein relativ offenes freies Feld vor. Ich kann viel eigenen Input beisteuern. Ich kann in Abstimmung mit den Verantwortlichen vieles ausprobieren. Gleichzeitig kann ich mich als Trainer selbst noch weiterentwickeln.“
Sowohl intern als auch extern war die Überraschung über deine Verpflichtung groß. Hast du mit dieser starken Resonanz gerechnet?
„Das ist für mich nicht entscheidend. Damit rechnet man nicht, darauf kommt es aber auch nicht an. Natürlich ist es für mich eine große Wertschätzung. Ich denke, ich habe bei den Vereinen, bei denen ich bisher tätig war, gut gearbeitet und dort jeweils Spuren hinterlassen. Deswegen freut mich das. Viel wichtiger ist es aber, sich zu beweisen, im Tagesgeschäft Dinge weiterzuentwickeln, in Zusammenarbeit mit den Trainern und den Talenten Prozesse einzuleiten.“
Du hast bei der Fortuna vor fast 30 Jahren deine sportliche Laufbahn begonnen. Hat sich in dieser langen Zeit viel verändert?
„Ja natürlich. Das war früher noch eine ganz andere Dimension. Damals war es noch bezahlter Fußball, in der 2. Bundesliga. Allerdings mussten wir da unter Gerd Roggensack noch auf den Stadion-Vorwiesen trainieren, weil wir kein eigenes Gelände hatten. Ich muss aber sagen, von der Atmosphäre und den Räumlichkeiten riecht es schon noch wie damals. Sogar viele der Leute, die ich damals kennengelernt habe, ob das Fans sind oder Personen aus dem erweiterten Umfeld, sind noch da. Der Platzwart sitzt in seinem Kabuff und begrüßt mich mit den Worten: Ich kenne dich noch. Das macht es ganz charmant. Also stehen geblieben oder gleich geblieben, ist in dem Fall für mich positiv besetzt. Aber natürlich hat sich räumlich und auch inhaltlich sehr viel verändert.“
Du hattest in Homburg, Steinbach oder Kassel in der Regionalliga bessere Arbeitsbedingungen. Wie gelingt Dir die Umstellung?
„Klar muss man gewisse Abstriche machen. Vieles bedarf einer anderen Herangehensweise. Im Rahmen dieser unterschiedlichen Voraussetzungen, wenn man es so nennen darf, ist es meine Aufgabe, alle Dinge professionell und strukturiert anzugehen, gerade im Trainingsprozess und Spielbetrieb. Die Förderung der Spieler und Trainer steht im Vordergrund. Wir wollen aufzeigen, wohin der Weg für den einen oder anderen führen kann, beziehungsweise soll. Die U23 ist eine Ausbildungsmannschaft, insofern hast du da keine reinen sportlichen Ambitionen.“
Mein Eindruck war, du trittst vor der Mannschaft durchaus bestimmend und gradlinig auf. Ist das aus deiner Sicht der richtige Umgangston für Spieler in diesem Alter?
„Wir befinden uns hier an der Schwelle zum Seniorenfußball. Dort wollen die Jungs sich etablieren. Ich spiegele ihnen diese Welt ein bisschen wider. Und vermittele ihnen meine Erfahrungen, was Regionalliga-Fußball bedeutet, was sie erwartet und was die Anforderungen sind. Nicht nur auf dem Platz, sondern auch was das Drumherum angeht. Letzten Endes bin ich als Trainer-Entwickler und Ausbilder auch ein Bindeglied nach oben. Es ist schon wichtig, Leitlinien vorzugeben und Werte vorzuleben, wobei ich keine Rolle spiele, sondern, genauso bin ich. Als Trainer solltest du auch authentisch sein.“
Wo liegen die Unterschiede zwischen Mittelrheinliga und Regionalliga?
„Der Leistungssprung ist exorbitant. Das muss man deutlich festhalten. Man sieht, wie schwer sich die Aufsteiger immer wieder tun. In der Regionalliga geht es bei vielen Vereinen dann doch um bezahlten Fußball. Die Klubs, die das nicht anbieten wollen oder können, wie zum Beispiel Wegberg-Beeck oder Homberg im Westen oder Pirmasens und Schott Mainz im Südwesten, das sind dann häufig Fahrstuhlmannschaften. Die werden immer wieder um den Ligaerhalt spielen.“
Viele junge Spieler haben falsche Vorstellungen. Sie unterschätzen den Sprung vom Jugend- zum Seniorenfußball komplett…
„Ja, das stimmt. Ich habe es als Trainer in Leverkusen selbst erlebt, da kamen vermeintliche Top-Talente hoch in die U23, die mussten streng gesagt erst mal laufen lernen. Du musst als Spieler immer wieder gegen Widerstände ankämpfen. Du hast in der Junioren-Bundesliga in der Regel zwei Jahrgänge zusammengefasst in einem Team. Wenn du die Spitze der Liga nimmst, wie Dortmund, Schalke oder Leverkusen, wie viele enge Spiele haben die Jungs in einer Saison? Fünf, sechs. In der Regionalliga ist jedes Spiel eng. Das heißt, du musst in jedem Spiel kratzen und beißen. Diesem Thema musst du dich erstmal stellen und immer ans Limit gehen.“
Du hast die U23 in dieser Saison drei Mal beobachten können. Wo wirst du ansetzen, was willst du verändern?
„In vielen Bereichen. Es gilt als Mannschaft eine gewisse Qualität auf den Platz zu bekommen. Du brauchst ein Zusammengehörigkeitsgefühl verpackt mit Erfolgserlebnissen. Wir benötigen eine bessere defensive Qualität und Stabilität. Wenn wir das hinkriegen, haben wir schon mal eine gute Basis. Ich glaube schon, dass in den Spielern viel Potenzial schlummert.“
Hättest du als Profi gedacht, dass du mal Miron, den Sohn deines ehemaligen Mitspielers Andreas Wessels, trainieren wirst?
„Das ist Fußball. Miron ist damals schon als kleiner Junge bei Fortuna rumgelaufen. Ich kenne ihn auch noch aus meiner Zeit als Trainer hier, da war er öfter in der Soccer-Halle seines Vaters. Das ist schon eine lustige Geschichte. Miron ist jetzt auch schon 30 Jahre alt. Daran sieht man, wie alt man selbst schon ist.“
Eine wichtige Aufgabe im Leistungszentrum wird die individuelle Förderung der Top-Talente sein…
„Klar. Wir hatten in dieser Woche zum Beispiel schon eine gemischte Einheit mit U19 und U23. Dabei ergibt sich immer wieder die Möglichkeit, mit dem einen oder anderen Spieler in Klausur zu gehen. Das ist ein wichtiger Aspekt, dass ich immer wieder im Rahmen des Coachings Tipps und Anhaltspunkte geben kann. Zukünftig werde ich selbstverständlich in zusätzlichen Einheiten mit den Jungs noch arbeiten.“
Auch die Trainer des LZ sollen von deiner Expertise profitieren…
„Es wird Trainer-Meetings geben. Ich werde Themen im Rahmen von Vorträgen aufbereiten. Gerade im Leistungsbereich gilt es, einen regen Austausch zu pflegen. Ich habe das Ganze im Zuge der letzten beiden Jahre auch für mich selber stetig weiter entwickelt. Aktuell absolviere ich noch ein Studium als systemischer Berater, welches mir einen Werkzeugkasten für das Coaching der Trainer mit an die Hand gibt. Viele Dinge laufen über die Themen Austausch und Kommunikation. Wir werden unter anderem Ansprachen und das Coaching vor der Mannschaft bildlich festhalten. Damit der Trainer auch mal sieht, wie komme ich eigentlich rüber? Wie nehmen mich die Spieler am Spielfeldrand wahr?“
Abschließende Frage, hast Du dich schon mit Alexander Ende ausgetauscht?
„Ja, schon häufiger. Am Montag habe ich ihn informiert, bevor ich meinen Dienst angetreten habe. Er wusste aber schon Bescheid. Im Fußball spricht sich vieles schnell rum. Er hat sich sehr gefreut. Wir haben uns in den letzten Monaten immer mal wieder ausgetauscht. Wir kennen uns sehr gut. Alex hat unter mir als Trainer von 2009 bis 2011 bei der Fortuna in der NRW-Liga gespielt. Deswegen hatten wir in den letzten Jahren auch öfter Berührungspunkte, der Kontakt ist nie abgerissen.“