Der verdiente Sieger ist nicht immer der Gewinner. Warum Aachen das Pokalhalbfinale am Mittwochabend im ausverkauften Südstadion bei der Fortuna mit 1:0 nach Verlängerung für sich entschied, dass wussten die Alemannen am Ende wohl selbst nicht so ganz genau. Über 120 Minuten waren die Kölner die klar bessere Mannschaft, mit den klar besseren Chancen. 80 Minuten in Überzahl und ein Elfmeter reichten der Mannschaft von Trainer Matthias Mink dennoch nicht zum Einzug ins Finale. Nach Schlusspfiff fühlte es sich an wie ein Treppenwitz der Fußball-Geschichte. Es war einfach absurd.
„Glückwunsch zum Sieg an Aachen, aber gleichzeitig muss man es nicht wirklich verstehen. Ich habe uns sehr dominant wahrgenommen, ich habe keinen Klassenunterschied gesehen. Wir hatten das Spiel fußballerisch und in Hinblick auf die Schärfe komplett im Griff. So hässlich kann Fußball sein. Wir haben alles richtig gemacht, aber der Punch hat gefehlt. Und das entscheidet Spiele“, sagte Trainer Matthias Mink und fügte hinzu: „Wir hatten heute elf U23-Spieler im Kader, den Jungs gehört die Zukunft, das nehme ich als positives Thema mit. Auch wenn es im Moment sehr schmerzt.“
Matthias Mink musste bereits vor dem Anpfiff eine Hiobsbotschaft hinnehmen. Seymour Fünger konnte aufgrund muskulärer Probleme nicht mitwirken. Für ihn rückte Barne Pernot ins Abwehrzentrum und Joshua Eze spielte auf der Sechs.
Fortuna wirkte von Beginn an sehr engagiert und kampfstark. Nach 26 Minuten setzte sich Hendrik Mittelstädt stark im Zweikampf durch, er passte auf Kingsley Sarpei, der lief alleine auf Aachens Keeper Jan Olschowsky zu, dieser wehrte mit einer Hand den Ball ab. Neun Minuten später musste auch der Stürmer der Fortuna verletzt vom Platz. Für ihn kam Danny Breitfelder in die Partie. Auch er stand kurz danach im Mittelpunkt. Der Ex-Kölner Jan-Luca Rumpf konnte sich im Laufduell mit dem Angreifer nur noch mit einer Notbremse behelfen. Rot (40.).
Unverändertes Bild in Halbzeit zwei. Fortuna mit Vorteilen. Und in der 68. Minute bot sich die große Chance zur Führung. Sarpei wurde gelegt im Strafraum. Klarer Elfmeter. Stipe Batarilo lief an, aber der Schuss war viel zu harmlos in die linke, untere Ecke. Olschowsky parierte. Somit ging es in die Verlängerung. Aachen fand offensiv nicht statt bis zur 97. Minute. Max Fischer köpfte den Ball nach einer Flanke unbedrängt ins Zentrum und dort nahm der eingewechselte Charlison Benschop die Kugel volley und traf in die lange Ecke zum 0:1. Die beste Gelegenheit der Fortuna zum Ausgleich hatte Breitfelder, der einen Freistoß von Robin Afamefuna auf die Latte köpfte (108.).
Die Fortuna machte in 120 Minuten einen Fehler und wurde dafür gnadenlos bestraft. Seine eigene Sicht der Dinge hatte indes der Gäste-Trainer, der in gewohnt martialischer und mit vor Pathos triefenden Worten das Spiel analysierte: „Ich bin jetzt 70 Spiele in Aachen, bei 65 Spielen habe ich gefühlt am Ende einen Defibrillator gebraucht. Es ist unfassbar wieviel Energie die Mannschaft auf den Platz gebracht hat, besonders in der zweiten Halbzeit, als die Zeichen in Unterzahl auf eine Schlacht hindeuteten. Das liegt uns einfach, dann sind die Fans da, die haben uns nach vorne gepeitscht. Soufiane El-Faouzi sah am Ende aus, als ob er einen Schlaganfall hätte. Und wenn du alles gibst, verdienst du dir auch so einen Sieg. Das Glück haben immer nur die Tüchtigen, ich bin sehr stolz auf mein Team. Fortuna hatte den Schiedsrichter auf ihrer Seite, das ist im Pokal manchmal so. Er hat uns nicht fair behandelt“, sagte Heiner Backhaus.
Fortuna: Winkler, Ernst (112. Bauens), Fischer, Pernot, Afamefuna, Eze (81. Mika), Batarilo (98. Vieting), Budimbu (98. Di Fine), Matter, Sarpei, Mittelstädt (35. Breitfelder).
Tor: 0:1 Benschop (98.)
Rote Karte: Rumpf (Aachen) wegen einer Notbremse (40.).
Zuschauer: 9.448.