Dass ein Fußball-Spiel erst in der Nachspielzeit rasant Fahrt aufnimmt, kommt selten vor. Die Szenen, die sich am Samstagnachmittag auf dem Kunstrasenplatz an der Paffrather Straße in Bergisch Gladbach abspielten, werden die Protagonisten jedenfalls nicht so schnell vergessen. Die Overtime bot Dramatik, Nervenkitzel pur, Emotionen jeglicher Art. Nach dem Schlusspfiff gab es bei der U19 der Fortuna Ekstase pur. Trainer Timo Westendorf wurde von seinen Jungs nach dem 4:3-Erfolg heftig gedrückt und geschüttelt, in die Luft geworfen und die Jubelschreie der Kölner Südstädter waren noch bis zur Autobahnausfahrt der A4 Oberhausen zu vernehmen.
„Wir wussten vorher, welch schwieriges Spiel uns in Bergisch Gladbach erwarten wird. Wir waren nach der 2:1-Führung sehr gut im Spiel und wir bekommen in der zweiten Halbzeit aus dem Nichts zwei Gegentreffer, aber wir haben nie aufgegeben. Das macht uns in der Rückrunde so stark, dass wir mit leidenschaftlichem Fußball als Kollektiv immer weiter machen und Moral beweisen. Wir haben Nehmerqualitäten bewiesen. Dafür sind wir letztlich belohnt worden. Jetzt haben wir den direkten Vergleich mit Alemannia Aachen vor der Brust. Dass wir zu dem Zeitpunkt in Schlagdistanz sind, dafür haben wir unheimlich viel investiert“, sagte Trainer Timo Westendorf.
Was war passiert? 2:3 lag die Fortuna hinten bis zur 90.+3. Minute. Zuvor hatte sie eine 2:1-Führung nach Treffern von Abdul Bance und Waiss Ezami in der zweiten Halbzeit aus der Hand gegeben. Erneut schien Bergisch Gladbach zum Stolperstein zu werden, wie schon im Hinspiel, wie schon im Pokal. Der Traum vom Aufstieg in die A-Junioren Bundesliga schien geplatzt. Als der eingewechselte Lucas Lützeler in der 90.+5. Minute zum Ausgleich traf, war lediglich Schadensbegrenzung betrieben worden.
Doch dann boxte der Papst erst richtig im Kettenhemd. In der 90.+8. Minute entschied der Schiedsrichter zunächst nach einem Foul auf Freistoß für Köln. Aufgrund eines Hinweises seiner Assistentin verlegte er den Tatort aber in den gegnerischen Strafraum. Melih Satilmis trat an. Der Kapitän der U19 verwandelte den Elfmeter kalt wie Hundeschnauze flach in die rechte untere Ecke zum nicht mehr möglich gehaltenen 4:3-Erfolg. Nun brachen alle Dämme. Vier Spieler der Fortuna sahen in der Folge wegen Trikotausziehens vor lauter Freude die gelbe Karte. Jan Hendrik Mayer und der Co-Trainer der Bergisch Gladbacher waren sich nicht grün und sahen beide Rot nach dem Austausch von Nettigkeiten.
Das war aber alles nur kurioses Beiwerk, denn diese Schlussphase könnte am Ende Gold wert gewesen sein. Die Fortuna hat nun weiter alles selber in der Hand. Am kommenden Samstag (17.30 Uhr) kommt es auf dem Kunstrasenplatz des Jean-Löring-Sportpark am vorletzten Spieltag zum Showdown mit Tabellenführer Alemannia Aachen. Der wilden Elf der Fortuna ist nun auch die glanzvolle Krönung einer wechselhaften Saison in der Mittelrheinliga zuzutrauen. Es muss ja nicht immer so spannend und nervenzerfetzend werden…
Fortuna U19: Heinisch, Wiese (84. Sereke), von Aschwege, Bance, Vogel, Satilmis, Kamm, Ayoola, Ezami (39. Eneghabu), Zielinski (60. Lützeler), Birkenheuer.
Tore: 1:0 Mazaza (2.), 1:1 Bance (8.), 1:2 Ezami (38.), 2:2 Cserep (54.), 3:2 Abrahams (65.), 3:3 Lützeler (90.+5.), 3:4 Satilmis (90.+8., Elfmeter).