Hanns-Jörg Westendorf: „Der Aufstieg bleibt mein Traum“
Von Stefan Kleefisch
Hannes, du bist jetzt seit zehn Jahren Präsident beim Kölner Südstadtklub. Welche Momente sind dir in dieser Zeit besonders in Erinnerung geblieben?
„Im Jahr 2019 der Abstieg aus der 3. Liga im Spiel bei 1860 München. Und natürlich jetzt aktuell das 0:1 nach Verlängerung im Pokalhalbfinale gegen Alemannia Aachen. Unglücklicher kann man nicht verlieren. Es gab viele gute Heimspiele, aber leider noch keinen Aufstieg.“
Du bist ja nicht nur Präsident bei der Fortuna, sondern du hast auch einen hohen Posten bei der Luftflotte im Karneval inne und vor allem bist du Geschäftsführer bei einer Firma mit 650 Angestellten in Düsseldorf. Hat dein Tag mehr als 24 Stunden, oder wie schaffst du es, dieses Pensum zu absolvieren?
„Das muss man ein wenig auseinanderhalten. Mit der Firma verdiene ich mein Geld. Insofern hat dieser Job oberste Priorität für mich. Das Amt im Karneval ist vom Aufwand her überschaubar. Ich habe nicht viele andere Hobbies als Fortuna. Fortuna ist mit sehr viel Arbeit verbunden, nebenbei bleibt keine Zeit für andere Dinge. Es funktioniert jetzt seit einem Jahrzehnt. Ich lebe noch, insofern lässt sich das alles gut miteinander verbinden.“
Kommen wir mal kurz zu Timo. Er ist mindestens genauso so Fortuna-verrückt wie du. Am Anfang hieß es oft abschätzig über ihn, er ist von Beruf Sohn. Was er im Leistungszentrum unter diesen schwierigen Bedingungen mit den Schüler-AGs und den Fußball-Camps aufgebaut hat, ist aber aller Ehren wert. Zudem ist er federführend für die Entwicklung der U19 und der U23 verantwortlich…
„Die Menschen, die uns beide schon länger kennen, wissen, er lässt sich von mir sowieso nichts sagen. Timo hat einen sehr eigenen Kopf. Ich bin aber als Vater ein Stück weit stolz darauf, was er im LZ geschaffen hat. Wir haben in den letzten Jahren so viele eigene Spieler in die U23 hochgezogen und ihnen auch Einsätze in der Regionalliga ermöglicht wie nie zuvor. Das ist ein Teil unseres Konzeptes. Überdies tragen die Schulprojekte, und dafür zeichnet Timo ebenfalls verantwortlich, einen großen Teil zur Finanzierung unserer hochklassigen Jugendarbeit bei. Und das ist ein wichtiger Mosaikstein im Gesamtkonstrukt Fortuna Köln.“
Stichwort LZ, in den letzten Jahren trägt diese Arbeit für den Seniorenbereich immer mehr Früchte. Zehn Spieler sind diesmal aus der U19 in die U23 aufgerückt. Mit Max Wiese, Salim Hadouchi, Bekir Gediktas, Jonathan Kafu, Abdul Bance und Nico Westerhoff haben erneut sechs Spieler in der Regionalliga debütiert.
„Absolut. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen wir diesen Weg weiter gehen. Ich fände es prima, wenn sich eines dieser Eigengewächse zum Stammspieler entwickeln würde. Die Spielpraxis in der U23 auf einem sehr hohen Amateurniveau hilft bei der Weiterentwicklung der Talente. Ich behaupte mal, Lennart Winkler wäre ohne diese Einsätze in der Mittelrheinliga jetzt noch nicht in der Lage, ein guter bis sehr guter Regionalliga-Torwart zu sein.“
Der Jugend gehört die Zukunft, wie siehst du die sportliche Gegenwart?
„Die sehe ich wirklich gut. Uns war schon zu Beginn der Saison klar, dass die fehlende Breite des Kaders wohl nicht für ganz oben reichen kann und wird. Wir haben 13, 14 Spieler die auf hohem Regionalliga-Niveau performen können. Als die Ausfälle von Adrian Stanilewicz, Julius Biada und Joshua Eze dazukamen, war es offensichtlich, dass wir den Spitzenplatz nicht verteidigen können. Daran müssen wir arbeiten. Am besten wäre es durch die Weiterentwicklung der eigenen Leute, oder aber wir bekommen die Mittel zusammen, um den Kader breiter aufzustellen, was dann gegebenenfalls das Verletzungspech ausgleichen kann.“
Was hat der Fortuna in dieser Saison zudem für ganz oben gefehlt?
„Die Effektivität fehlte. Wir haben im Vergleich zu den anderen Spitzenteams wenig Tore geschossen und wir brauchen auch zuviele Möglichkeiten für ein Erfolgserlebnis. In der ersten Halbzeit in Duisburg macht der MSV seine einzige Chance rein und wir machen aus drei Chancen keinen Treffer. Das ist der entscheidende Unterschied. Wir brauchen einen Spieler, der 15 bis 20 Tore schießt, dann wären wir ein ganzes Stück weiter oben gelandet.“
Wie bewertest du die Arbeit von Matthias Mink?
„Als exzellent. Er ist ja auch sportlicher Leiter und sozusagen Oberscout. Bei ihm laufen alle Fäden zusammen. Matthias ist wie er ist. Er ist ein sehr nüchterner Mensch. Er ist sicher nicht wie die Rheinländer aufgestellt. Aber er kann auch schon mal ordentlich explodieren. Das Gute an ihm ist, die Spieler vertrauen ihm. Und er kann unsere Möglichkeiten gut einschätzen. Er hat sich diesem Konzept verschrieben. Er setzt auch die jungen Spieler beziehungsweise Debütanten konsequent ein.“
Die Geschäftsstelle, allen voran Niklas Müller, macht mit den wenigen und jungen Mitarbeitern sowohl im Merchandising, Vertrieb als auch im Ticketverkauf einen sehr guten Job…
„Ja, das muss man sagen. Die Außendarstellung lässt sich auch immer ein wenig am Zuschauerschnitt ablesen, der ist deutlich in die Höhe gegangen. Wenn ich sehe, wieviele Kölner sich beim Pokalspiel gegen Aachen für Fortuna interessieren, dann finde ich das bemerkenswert. Das ist ein Ausdruck der Arbeit, die dort geleistet wird.“
Die finanzielle Situation ist auch immer ein wichtiges Thema. Wie ist die Fortuna hier in der kommenden Saison aufgestellt?
„Es ist jedes Jahr eine Herausforderung einen schlagkräftigen Etat zusammenzustellen. Dass die Vorstände in den letzten Jahren immer wieder Mittel zur Verfügung gestellt haben, ist auch kein Geheimnis. Wir müssen uns im Sponsoring noch breiter aufstellen, das scheint uns zur neuen Saison zu gelingen. Im Vergleich zum letzten Jahr standen wir Mitte April besser da. Aber, wir spielen nur vierte Liga, wir haben keine überregionale Medienpräsenz. In der Stadt stehen weitere Vereine in einem Wettkampf um die Sponsoren. Der FC überstrahlt alles. Unser Stadion ist Opas Kino. Dass sind alles Faktoren, die es nicht einfach machen.“
Du hast dich ja schon dezidiert in der Öffentlichkeit zu den Sanierungsfällen Türkspor Dortmund, KFC Uerdingen und 1. FC Düren geäußert. Wie lauten deine Verbesserungsvorschläge an den Verband?
„Meine Vorschläge habe ich letztlich mal niedergeschrieben und an den Verband geschickt. Wenn man mich fragen würde, würde ich zu einem Modell mit drei Regionalligen zurückkehren wollen. Die Leistungsdichte wäre enger, es gäbe bessere Möglichkeiten der Vermarktung. Darunter könnte man eine NRW-Liga installieren, dort könnte ambitionierte Amateurvereine aus Mittelrhein, Niederrhein und Westfalen gegeneinander spielen. Dass jetzige Modell mit Profivereinen wie Duisburg, finanziell gut ausgestatteten U-Mannschaften, guten semiprofessionellen Klubs wie dem SC Wiedenbrück und Vereinen, die sehr blauäugig agieren, diese Spannbreite wird auf Dauer nicht funktionieren. Es muss eine Ligenreform her. So ist auch der Abstand zur 3. Liga viel zu groß.“
Der Verein hat es beinahe gebetsmühlenartig thematisiert in den letzten Jahren: Die Zustände für die 30 Mannschaften im Jean-Löring-Sportpark sind untragbar. Es ändert sich aber nichts. Die Fortuna wird regelmäßig von der Stadt im Stich gelassen. Resignierst du ab und an?
„Resignieren wäre das falsche Wort. Ich habe mich mit den Zuständen arrangiert, in der Hoffnung, dass irgendwann mal was passiert. Schon bei meinem Amtsantritt wurde über die Parkstadt Süd und die Neugestaltung des Jean-Löring-Sportparks gesprochen. Außer dem Neubau unseres Vereinszentrums, den wir selbst gestemmt haben, ist nichts geschehen. Das hängt aber auch generell mit der Situation in der Stadt zusammen. Alles bricht zusammen an der Stelle. Man hat das Gefühl, das Gebilde wird nur noch vom Karneval und dem FC zusammengehalten. Wir versuchen mit kleinen Schritten voranzukommen. Vor dem Spiel gegen Aachen mussten wir bangen, dass der Ascheplatz aufbleibt, damit wir wenigstens ein paar Parkplätze bei ausverkauftem Haus haben. Das ist frustrierend, aber wir werden nicht resignieren.“
Es gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer, ein Dach für Stehplatz Mitte. Es wäre die erste nennenswerte Veränderung im Südstadion seit 1978. Wie ist dort der Stand der Dinge?
„Die Baugenehmigung ist der Kölner Sportstätten GmbH, als Eigentümer des Stadions, bekanntlich erteilt worden. Momentan sind wir in Gesprächen darüber, wie wir nun fortfahren. Es wird ein Vertrag zwischen der KSS und uns geschlossen werden, wie beispielsweise die Vermarktungserträge zu nutzen sind. Es war von Anfang an klar, dass wir das Ganze finanzieren müssen. Die Stadt wird nichts dazugeben. Wir hoffen dann, die Früchte ernten zu können. Abseits der Finanzierung wäre das Dach ein deutlicher Schritt nach vorne. Die Stimmung würde wesentlich besser werden. Man muss kein Prophet sein, um sagen zu können, das würde auch den Zuschauerschnitt erhöhen. Ich bin sehr hoffnungsfroh, dass wir hierbei auf einem vernünftigen Weg sind.“
Abschließend die Frage, wenn du dir für die Fortuna für die nahe Zukunft etwas wünschen könntest, was wäre dies?
„Der Aufstieg in die 3. Liga. Das ist mein Traum. Ich war Präsident, als wir abgestiegen sind und ich will da wieder hin und Fortuna Köln gehört da auch hin. Es war in den letzten Jahren unendlich schwierig wieder hochzukommen. Es gab immer einen Verein mit überragenden Mitteln, mit dem drei-, bis vierfachen Etat, da muss schon viel passieren, dass wir da mithalten können.“
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